Framing in der PR
Was steckt dahinter und wie lässt es sich einsetzen?
Medienrot-Kolumne vom Dezember 2019
Anfang 2019 eroberte der Framing-Begriff die mediale Öffentlichkeit in Deutschland. Losgetreten durch das sogenannte Framing-Manual der Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling wurde dieser linguistische Terminus plötzlich zum Stein des Anstoßes. In der darauffolgenden Diskussion vermischten sich dann aber auch Halbwissen mit unbegründeten Meinungen und vielen Vorurteilen.
Was aber hat es mit dem Framing-Begriff auf sich und wie können professionelle Kommunikatoren Framing effektiv nutzen?
Karriere eines Fachterminus
Das Konzept des Framings stammt ursprünglich aus der Linguistik. In den 1970er Jahren stellte der amerikanische Sprachwissenschaftler Charles J. Fillmore die grundlegende Frage: "What do I need to know in order to use this form appropriately and to understand other people when they use it?". Mit anderen Worten: Was muss ich wissen, um Wörter zu verstehen? Damit fragte er nicht einfach mehr nach den Bedeutungen von Wörtern, sondern stellte die Wissensbedingungen in den Mittelpunkt.
Nach diesem Konzept ruft jedes Wort einen Wissensrahmen, einen sogenannten Frame auf. Wörter existieren also nicht losgelöst von unserem übrigen (Welt- und Sprach-)Wissen, sondern stets im Zusammenhang mit bereits bekanntem Wissen. Denn unser Gehirn greift auf Welterfahrungen zurück, wenn es Sprache verarbeitet. Wenn ich zum Beispiel das Wort Krankenhaus sage, denken meine Gesprächspartner im Normalfall unbewusst sogleich an weitere Aspekte wie Ärzte, Handschuhe, Fliesen an den Wänden, Geruch nach Desinfektionsmitteln, lange Flure, Krankenwagen, Blaulicht, Blut etc. - und dies ohne, dass ich dies explizit angesprochen hätte.
Handlungsanweisungen: Wie übersetzen Kommunikatoren Framing in die PR-Praxis?
Wie so oft besteht der erste Schritt in einer gründlichen Analyse und Bestandsaufnahme. Welche Wortwahl verwenden Sie in der Kommunikation? Beachten Sie dabei nicht nur die offensichtlichen Substantive, sondern auch weitere Wortklassen wie Verben und Adjektive.
Gleichen Sie die von Ihnen verwendete Wortwahl dann mit den aufgerufenen (Neben-)Bedeutungen ab. Hilfreich hierbei ist auch ein kurzer Blick auf die Wortherkunft. Was ist die Geschichte eines Wortes? Mit welchen anderen Ausdrücken ist es verwandt, wie werden diese verwendet und gab es in der Vergangenheit Wandel in der Bedeutung, der Denotation, und den Wertungen, der Konnotation? Von welchen Akteuren oder Gruppierungen wird der Ausdruck mit welcher Wertung besonders häufig verwendet?
Rechnen Sie hierbei bitte nicht damit, immer eindeutige und allgemeingültige Ergebnisse zu erhalten. Denn Sprache ist stets im Fluss. Deshalb ist auch das Sprachverstehen subjektiv geprägt. Dennoch gibt es in einer Sprachgemeinschaft eine Schnittmenge, einen Konsens an verstehensrelevanten Wissen.
Reflektieren Sie im nächsten Schritt Ihre Key Messages und gleichen Sie diese mit Ihrer Wortwahl ab. Stimmen diese überein oder besteht hier noch Optimierungspotenzial? Benennen Sie wichtige Schlüsselausdrücke, -formulierungen und Sprachbilder, die unter Berücksichtigung der oben genannten Punkte Ihre Key Messages adäquat wiedergeben. Versuchen Sie hierbei eine allgemeinverständliche Sprache zu verwenden. Lassen sich dabei auch noch Verbindungen zu greifbaren sprachlichen Bildern herstellen, haben Sie ins Schwarze getroffen.
Gegebenenfalls können Sie hier auch Wörter und Formulierungen sammeln, die Sie vermeiden wollen. Verwenden Sie hierauf allerdings nicht zu viel an Energie und Zeit. Schließlich wollen Sie herausfinden, welche Wörter Sie bevorzugt verwenden sollten, um Ihrer Kommunikationsabsicht gerecht zu werden. Denn: Auch wenn unser Gehirn vieles kann, so ist ihm eine Sache gänzlich unmöglich: Ideen nicht zu denken. Jedes Mal, wenn Sie eine Aussage negieren (z. B. mit einem "Wir sind nicht XY"), stärken Sie gleichzeitig ungewollterweise die Verbindung. Sie glauben mir nicht? Dann denken Sie jetzt bitte definitiv nicht an einen blauen Elefanten mit roter Mütze im Porzellanladen!
Zu guter Letzt sollten Sie darauf achten, in Zukunft bei Ihrer Wortwahl konsistent zu sein. Verfallen Sie nicht in alte Gewohnheiten, achten Sie auf Ihre Wortwahl und seien Sie sich auch darüber im Klaren, dass sich Wörter und Bedeutungen verändern können. Reflektieren Sie deshalb in regelmäßigen Abstand erneut über Ihre Wortwahl. Beachten Sie diese Ratschläge, sind Sie auf einem guten Wege, linguistisch fundierte, durchdachte Kommunikationsarbeit zu leisten.
Zuerst erschienen bei Medienrot im Dezember 2019.
© Picture: Derick McKinney on Unsplash
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